Vom wunderschönen Hoi An ging unsere Reise weiter Richtung Norden über den legendären Wolkenpass, der das Land in Süd- und Nordvietnam teilt, in die alte Königsstadt Huế. Doch bevor wir den Pass in Angriff nahmen, besuchten wir die legendären Marmorberge, die direkt vor Da Nang, der Stadt am Fuße des Wolkenpasses, lagen.
Die Marmorberge bei Đà Nẵng
Die Marmorberge südlich von Đà Nẵng, auf vietnamesisch Ngũ Hành Sơn (Fünf Elemente Berge), sind eine buddhistische Pilgerstätte. Es handelt sich um fünf Erhebungen aus Kalkstein und Marmor, benannt nach den fünf chinesischen Elementen Kim (Metall), Thuy (Wasser), Moc (Holz), Hoa (Feuer) and Tho (Erde). Alle Berge verfügen über Höhlen und Tunnel; Thuy, der Wasserberg, ist allerdings der einzige, der touristisch erschlossen ist und bestiegen werden kann. Über Jahrhunderte hinweg wurde hier Marmor abgebaut, und so haben sich zahlreiche Steinmetzunternehmen angesiedelt. Von kleinen Souvenirs bis hin zu riesigen Statuen ist alles zu haben. Der Abbau am Wasserberg ist heute allerdings weitgehend eingestellt und der heute verarbeitete Rohmarmor stammt aus Importen. Auf dem Weg zum Wasserberg wurden wir von einer vermeintlich freundlichen Mopedfahrerin abgefangen. Sie meinte, sie würde uns den richtigen Weg zeigen, denn jener, der von Google Maps vorgeschlagen würde, wäre falsch. Leichtgläubig folgten wir ihr bis zu einem Steinmetzbetrieb am Fuße des Wasserberges. Sie erlaubte uns, direkt in dessen Auffahrt zu parken, wenn wir später eventuell ein Souvenir kauften. Da recht viel los war und wir nicht mühsam Parkplatz suchen wollten, willigten wir ein.
Man hat die Wahl, per Panoramalift oder über etwa 150 Stufen den Berg zu erklimmen. Wir entschieden uns für die Stufen, bezahlten 40.000 Dong pro Person (ca. 1,50 Euro; kleine Kinder zahlen nichts) und stapften los. Der Lift hätte 55.000 Dong gekostet. Schon auf halber Höhe über den schattigen Weg erreichten wir eine Ansammlung von Statuen, etwas weiter wartete die erste Pilgerstätte, ein Schrein mit mehreren Altären.
Ein paar Stufen höher hatten wir schon das Niveau der Ausstiegsstelle des Fahrstuhls erreicht. Dort befand sich auch die erste von fünf Höhlen mit einem buddhistischen Schrein. In der Höhle angekommen, staunten wir ob ihrer Schönheit. In jeder Nische entdeckten wir einen weiteren Altar. Manche der Statuen waren direkt aus dem in der Höhle vorhandenen Gestein gehauen worden . Besonders schön war Buddha, der ins Licht der durch die Felsspalten fallenden Sonnenstrahlen getaucht wurde. Es entstand eine mystische, ehrfurchtgebietende Atmosphäre. In jeder Höhle fand man mehrere Schreine. Wir wanderten weiter von Höhle zu Höhle. Die einen waren klein und unspektakulär, andere wieder sehr mystisch und teilweise riesig.
Einerseits genossen wir, andererseits waren wir sehr erledigt, denn die Sonne wanderte immer höher und die Luftfeuchtigkeit war hoch. In den Höhlen musste man teils gut aufpassen, nicht auszurutschen. Am Gipfel des Berges thront eine Pagoda, die Kaiser Minh Mang bei einem Besuch 1825 gegründet hatte.
Wir stiegen auf dem Gehweg auf der Rückseite des Berges hinab und und gönnten uns, unten angekommen, erst einmal ein Eis und Wasser; dann marschierten wir zurück zu den Motorbikes. Dort waren in der Zwischenzeit mindestens 15 weitere Motorbikes geparkt. Die Dame vom Marmorshop hatte also ganze Arbeit geleistet und mit ihrem Trick eine Menge Touristen in ihre Falle gelockt. Wir fühlten uns natürlich ein bisschen verpflichtet, eine Kleinigkeit zu kaufen und schauten uns um. Als sie aber für eine kleine Marienstatue von ca. 10-15 cm Höhe ganze 65 Dollar haben wollte, sagten wir ab. Das erschien uns doch recht hoch. Nach einigem Hin und Her bot sie dann eine etwas kleinere um 500.000 Dong an (18 EUR). Nach kurzer Bedenkzeit willigten wir ein und kauften sie. Erst im Hotel fiel uns auf, dass sie von recht minderer Verarbeitungsqualität war … naja, beim nächsten Mal würden wir vorsichtiger sein!
Der Wolkenpass
Der Wolkenpass (Deo Hai Van) teilte bis ins 16. Jahrhundert das Reich der Viet im Norden vom Reich der Champa im Süden. Heute bildet er die Wetterscheide zwischen Nord- und Südvietnam. Dass wir den Wolkenpass überquert hatten, bemerkten wir aber erst, als wir auf der anderen Seite angekommen waren. Ganz ehrfürchtig hatten wir mit dem Schlimmsten gerechnet, aber der Pass führt nur über die Ausläufer der Truong Son Bergekette, die mit ihren 2.598 Meter hohen Gipfeln bis nach Laos reicht. Der höchste Punkt des Passes liegt auf etwa 500 Meter über dem Meeresspiegel. Zugegeben, der Ausblick war gradios und die Bergstrecke schön zu fahren, aber so spektakulär, wie wir ihn uns vorgestellt hatten, war er nicht. Immerhin ist man als Österreicher was Bergpässe betrifft, einiges gewohnt. Glücklicherweise führt mittlerweile ein Tunnel durch den Berg, den die LKWs, Busse und Autos nehmen. So kann man die Panoramastraße gebührend genießen. Auf der anderen Seite des Berges wartete die alte Kaiserstadt Huế darauf, von uns entdeckt zu werden.
Hue
Die Fahrt von Hoi An über Da Nang und den Wolkenpass erwies sich als recht entspannt, doch als wir in das unmittelbare Einzugsgebiet von Huế kamen, wurde der Verkehr deutlich stärker, das Hupen häufiger und die Navigation anstrengender. Wir fuhren direkt zu unserer Unterkunft, die sehr zentral nahe der Walking Streets lag. Allerdings weit genug entfernt, um dem nächtlichen Partylärm zu entgehen. Heute leben im modernen Hue etwa 300.000 Einwohner.
Sightseeing
Unsere Hosts stellten uns ein Tagesprogramm mit den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt zusammen, darunter die kaiserliche Zitadelle, die Thien Mu Pagoda und die Kaisergräber. Leider versagte bei der Abfahrt vom Hotel gleich eines unserer Motorbikes und wir mussten zur Werkstatt. Zum ersten Mal wollte man uns beim Mechaniker abzocken. Wir wehrten zwar das Schlimmste ab, aber es war die vergleichsweise teuerste Reparatur. Sei’s drum, wir verloren wertvolle Zeit und besichtigten daher nur zwei der fünf vorgeschlagenen Sehenswürdigkeiten:
Zitadelle
Huế war unter der letzten Kaiser-Dynastie der Nguyen die Hauptstadt Vietnams (1802-1945). Sie liegt am Hương Giang („Parfümfluss“ oder „Fluss der Wohlgerüche“), an dessen Nordufer die alte Zitadelle, die Reste der kaiserlichen Befestigungsanlage, liegt. Die Nguyen-Herrscher planten ihre kaiserliche Befestigungsanlage mithilfe französischer Festungsbaumeister nach chinesischem Vorbild und unter den Aspekten des Feng Shui und ließen sie Anfang des 19. Jahrhunderts von zeitweise rund 80.000 Arbeitern erbauen. Ursprünglich nahm sie unglaublich große Ausmaße an. So umfasst der quadratische Grundriss einen Umfang von knapp 10 Kilometern. In die Festungsmauer integriert waren einst unzählige Bastionen, die der Mauer eine besondere Form geben. Innerhalb der Festungsmauern lebte der Kaiser mit seiner Familie und dem gesamten Hofstaat. Im Innersten der Zitadelle lag die verbotene Stadt, zu der nur der Kaiser, seine Familie und engste Vertraute Zutritt hatten. Heute befinden sich innerhalb der äußersten Mauern Hotels, Restaurants und Wohnungen; nur mehr der innere Festungsring ist als wichtigste Sehenswürdigkeit der Stadt erhalten. 1993 wurde die Zitadelle zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt.
Kleiner Streifzug durch die jüngere Geschichte Huếs
1945 übergab der letzte Herrscher der Nguyen-Dynastie, Kaiser Bao Dai (dessen Sommerresidenz wir in Da Lat besichtigt haben), der ohnehin nur noch von französischen Gnaden regiert hat, vor der Zitadelle das Zepter an den Revolutionsführer Ho Chi Minh. Dieser rief an dieser Stelle am 2. September 1945 die Demokratische Republik Vietnam aus. Nach politischen Unruhen, die schließlich zunächst zur Teilung des Landes in Nord- und Südvietnam und in weiterer Folge zum Vietnamkrieg, in dem auch die USA eine wichtige Rolle gespielt haben, geführt haben, riefen Vo Nguyen Giap und Ho Chi Minh nach der Wiedervereinigung des Landes am 30. April 1975 die Sozialistische Republik Vietnam aus.
Von Jänner bis März 1968 ereigneten sich in Hue im Rahmen der Tet-Offensive der Nordvietnamesen erbitterte Straßenkämpfe, bekannt als die Schlacht um Hue. Dabei wurde die Zitadelle fast vollständig zerstört. Ein Teil wurde in den Jahrzehnten nach dem Krieg renoviert. Wer mehr über die Geschichte der Stadt erfahren möchte, erhält nähere Informationen auf Wikipedia (Links am Ende des Beitrags).
Besichtigung der Zitadelle
Schon von weitem sieht man sie – vor dem Eingang der Zitadelle weht auf dem Flaggenturm die vietnamesische Fahne am mehr als 20 Meter hohen Fahnenmast. Unmittelbar daneben befindet sich der Parkplatz und das Tickethäuschen. Wir bezahlten 150.000 pro Erw. und 30.000 pro Kind Eintritt, für uns vier umgerechnet insgesamt ca. 12 Euro. Wir durchschritten zunächst das Eingangsportal und überquerten einen betonierten Teich mit Koikarpfen. Dahinter lag gleich der Thronsaal. Das war aber auch schon das prunkvollste an der ganzen Anlage. Die umliegenden Grünflächen waren schlechter gepflegt, als Begrenzungssteifen auf der Autobahn und von der verbotenen Stadt war nichts mehr übrig. Verstreut waren auf dem Areal ein paar Pavilions erhalten. In ein paar Säulengängen war eine Fotostory über die Nguyen-Dynastie ausgestellt, deren Installation wohl schon ein paar Jahre zurückliegt. Insgesamt hatten wir uns von einer Kaiserstadt mehr erwartet.
Thien Mu Pagoda – Pagode der alten Himmelsgöttin
Ein Stückchen der Straße dem Parfümfluss abwärts folgend gelangt man nach etwa 4,5 Kilometern zur Thien Mu Pagode, einem bedeutenden buddhistischen Kloster. Im Jahr 1601 legte Nguyen Hoang, der Begründer des Nguyen-Geschlechts, den Grundstein für die Errichtung der Pagode. Einer Legende zufolge erschien eines nachts eine alte Frau in rotem Ao Dai und grünen Hosen und meinte, dass dieser Hügel einer Gottheit gehöre und man an dieser Stelle eine Pagode errichten müsse. Kaum hatte sie die Worte gesprochen, verschwand sie in einer Wolke. Seither wird sie die „Pagode der alten Himmelsgöttin“ genannt. Die Anlage ist sehr harmonisch angelegt und überragt mit ihrem siebenstöckigen Phước Duyên-Turm die Landschaft. Eine Besonderheit ist in der Anlage zu besichtigen. Hinter dem Hauptgebäude in einer Garage befindet sich ein alter Austin. Fotos neben dem Auto zeigen einen Mönch, der in Flammen steht. Selbiger war 1968 mit dem Fahrzeug nach Saigon gefahren, ausgestiegen, hatte sich mit Benzin übergossen und angezündet als Protest gegen die Verfolgung von Buddhisten durch den damaligen katholischen Diktator Ngô Đình Diệm, der nur wenig später von den Amerikanern abgesetzt wurde.
Resümee über Hue
Es gibt sehenswertere Orte in Vietnam. Vermutlich fällt unser Urteil besonders streng aus, da wir vor Hue in der schönsten Stadt des Landes, in Hoi An, waren. Die Kaisergräber wären vermutlich noch einen Besuch wert gewesen – dafür hat unsere Zeit aber leider nicht mehr gereicht. Nach zwei Nächten in Hue zogen wir weiter in den Phang Nha – Ke Bang Nationalpark, den schönsten und aufregendsten Nationalpark Vietnams!
Links
Hue auf Wikipedia
Zitadelle von Hue auf Wikipedia
Thien Mu Pagode auf Wikipedia